Wie gesagt, die Mehrheit meiner (potentiellen) Kunden sind überdurchschnittlich angenehme Leute, aber es gibt eben auch Ausnahmen.
Älteres Ehepaar, sehr gepflegt, gutaussehend, sehr teuer und geschmackvoll gekleidet, hört man schon auf der Treppe streiten. Sie kommen rein, machen die Tür zu, beachten mich zunächst nicht und wechseln noch ein paar Sätze miteinander, er leise und genervt, sie eher keifend.
Dann wendet sich die Frau, weiterhin keifend, an mich:
"Hier, so, ich krieg da so einen ...Stock!" (deutet vage in mein Schaufenster).
Ich lächle freundlich und habe keine Ahnung, wovon sie spricht: "Stock?"
"Ja, da, von dem da links, oder ist der etwa nur Deko?"
Ich folge ihrer Geste. Da ist kein Stock. Echt.
Sie wird noch gereizter, soweit möglich. "Junge Frau, wenn Sie hier Ihre Blumen verkaufen wollen, dann müssen Sie schon ein bißchen aufmerksamer mit Ihren Kunden sein!"
"Dann ist es ja ein Glück, daß ich gar keine Blumen verkaufen will. Das ist hier eine [
MeinHandwerk]swerkstatt!"
Sie wörtlich: "Also doch nur Deko! So eine Verarschung! [
MeinHandwerk]... so eine Scheiße! "
Ehepaar ab, von draußen auf der Treppe hört man noch zweimal "[
MeinHandwerk]... so eine Scheiße!"
Nachmittags, während ich geschlossen habe (aber durchs Schaufenster zu sehen ist, daß ich arbeite), klopft ein junger Mann aufgeregt an die Scheibe. Ich hab ja nun kein
solches Schild und bin eh viel zu nett, also lasse ich ihn rein.
Anfang zwanzig, ein bißchen moppelig, cooler Haarschnitt, Umhängetasche.
Ich frage ihn, worum es geht.
Er grinst, stemmt die Hände in die Hüften und mustert mich. Fröhlich: "Na los, verkaufen Sie Sich!" (echt! wörtlich!)
Ich gucke ihn fragend an. Er erläutert: "Ja, was Sie so machen. Was Ihr Alleinstellungsmerkmal ist!"
Ich, einsilbig : "Ich [
übe mein Handwerk aus]. Mein Alleinstellungsmerkmal ist, daß es hier fast nur mich gibt. Was brauchen Sie denn?"
Er, strahlend: "Ohhh, ich hätte gelegentlich vielleicht Arbeit für Sie. Aber es gibt da auch noch die Werkstatt [
X] in [
Y], aber vielleicht wollen Sie mich ja mit einem besseren Angebot an Sich binden?"
Ich habe dankend abgelehnt, ihm gesagt, daß der Kollege X das bestimmt super macht, daß ich eh zuviel zu tun habe in den nächsten Monaten und daß meine Visitenkarten leider grade aus sind. Und mehr Smalltalk, als mir lieb war, weil ich einfach nicht brutal genug bin. Und mußte mir die Hände waschen, als er weg war.
Und dieser hier ist schon ein bißchen her, aber es paßt ganz gut in die Psychopathenreihe hier, und bloggen hilft ja beim Verarbeiten:
Das war ein eigentlich ziemlich netter, SEHR alter Kunde.
Der kam rein, während ich mit meinem Freund auf Italienisch telefonierte. Ich habe das Gespräch schnell beendet, der Kunde hat freundlich und anerkennend gefragt "Oh, Sie sprechen italienisch?", also hab ich kurz erwähnt, daß das mein Freund war, und daß ich mein Italienisch von ihm gelernt habe.
Darauf der Kunde, sehr freundlich: "Ach Mädel, aber warum haben Sie Sich denn so einen Südländer geholt? Nehmen Sie Sich doch lieber einen aus der nordischen Rasse!"
Ich hab eine Weile gebraucht, bis ich den Mund wieder zugekriegt habe, und dann immerhin gesagt, daß ich solche Sprüche hier drin nicht hören möchte, und er hat irgendwas von "nicht so gemeint" gemurmelt und betont freundlich sein Anliegen vorgetragen.
Aber ich hatte nicht den Eindruck, daß er fand, er hätte irgendwas falsch gemacht.