Ich hab meine neue Lieblingsjacke verloren!
Das kann doch nicht wahr sein. Entweder sie ist aus dem Fahrradkorb gehüpft, oder der MannTM und ich sind wirklich blind?! Wir haben grade eine halbe Stunde lang unsere winzige Wohnung auf den Kopf gestellt und überall geguckt, wo ich schon Sachen versteckt habe (Kühlschrank, Werkzeugkoffer, Mülleimer etc.) - NICHTS?!
Heute mittag war sie noch da, und ich war nur kurz einkaufen und hab sie danach in den Fahrradkorb getan, mehr weiß ich nicht mehr.
Ich würd sie ja wieder bestellen, aber es gibt sie nicht mehr! *wehklag*
In unerbittlicher Regelmäßigkeit akkumulieren sich schreckliche Dinge, wenn ich ein paar Wochen entspannt und gutgelaunt bin.
Inzwischen erkenne ich die Vorboten relativ früh, an aufsteigender Panik, an der Erkenntnis, wieviele Dinge alle gleichzeitig UNBEDINGT vor Ende nächster Woche erledigt werden müssen, an die ich seit Wochen überhaupt nicht gedacht habe, und an einem physischen Schwächegefühl, das mich zwingen will, im Bett zu bleiben und mir die Decke über die Ohren zu ziehen.
Dieses Mal werd ich eine neue Taktik ausprobieren, und nicht den Kopf einziehen, bis dann alles unumgänglich UND irre dringend ist, sondern jetzt "schon" anfangen, von der heranrollenden Welle an Deadlines etwas abzutragen. So habe ich heute "schon" eine Geburtstagskarte beantwortet und das Steuererklärungsprogramm installiert. Dann ruf ich gleich noch den Elektriker an und vielleicht sogar noch den Klempner.
Dann ist aber mal wieder gut.
Ich hab mein neues Fahrrad!
Ist schon schön, wenn Gangschaltung und Bremsen funktioneren. Und ich bin total verliebt in Nabendynamo&Standlicht. Gewöhnungsbedürftig finde ich die Federungen (Vordergabel und Sattelstange), weil ich nie damit rechne, daß da was nachgibt, und eher erschrecke, aber ich bin sicher, da gewöhnt man sich dran. Und das Beste ist, daß die Rahmengeometrie meinem alten sehr ähnlich zu sein scheint, ein guter Mittelwert zwischen wendig und ruhiglaufend, sodaß ich gut freihändig fahren kann.
Kürzlich sagte der MannTM in einem Nebensatz, jenen Einrichtungsgegenstand hätte er jetzt aber gerne mal soundso, weil wir ja normalerweise immer alles so machen, wie ich es will.
Verbissenes Schweigen auf meiner Seite; ich bin der festen Überzeugung, wir haben alles so gemacht, wie er es will. Jedenfalls ist hier in der Wohnung nichts so, wie ich es gewollt hätte. Zugegebenermaßen auch nicht, wie er es gewollt hätte. Unsere ganze Wohnung ist voller Kompromisse.
Ich habe, auch wenn man das meinen Wohnungen nicht auf Anhieb ansieht, sehr deziderte Vorstellungen von meinem Einrichtungsstil, die ich schlecht in Worte fassen kann; ich kann aber von jedem Möbelstück und jedem Einrichtungskonzept sofort sagen ob es dazugehört oder nicht.
Der MannTM auch.
Und sie sind genau entgegengesetzt.
Als wir unsere ersten gemeinsamen Möbel kaufen gehen wollten, sind wir verliebt und händchenhaltend in ein Möbelhaus gehüpft und haben auf Dinge gedeutet. Bei jedem, wirklich jedem Gegenstand hat einer von uns beiden "Das ist ja wunderschön!" und der andere "Das ist ja ekelhaft!" gerufen, mit wechselnden Rollen. Wir sind dann, ohne irgendwas zu kaufen, sehr deprimiert und einander ein wenig entfremdet wieder nach Hause gefahren.
Grob zusammengefaßt mag ich helles Holz, bunte Grundfarben, eine vielleicht öko-anthroposophisch angehauchte Form- und Farbgebung, Flohmarkt- und Sperrmüllsachen, solange sie NICHT wie Antiquitäten wirken, Tücher, selbstgebaute "praktische" Konstruktionen, die jeden Winkel nutzen. Ornamente, aber keine gegenständliche Deko. Jugenstil, aber nicht allen.
Der MannTM mag Eiche rustikal und Antiquitäten, und Dinge, die er als "hochwertig" und "traditionell" empfindet. Zugegeben klingt das alles auf Italienisch irgendwie weniger eklig. Aber trotzdem für mich schwierig.
Wir haben uns damals auf einen mittelbraunen Landhausstil geeinigt, mit dem wir beide leben können, den wir aber beide nicht ausgesucht hätten. Und dann hat der Geld- und Platzmangel tatsächlich ein paar Nischen eher nach meinem Geschmack werden lassen, weil wir improvisieren "mussten".
Ich fürchte, jetzt, wo ein bißchen mehr Geld da ist, werden die Kämpfe schwieriger werden. Ich muß sehen, wo ich nachgeben kann und wo nicht.
Wenigstens meine Werkstatt kann ich ja immer verspielt und fröhlich und praktisch einrichten.
Ich scheine wirklich etwas überspannt zu sein. Gestern bin ich davon aufgewacht, daß ich dachte, es habe geklingelt. Ich war daraufhin völlig sicher, daß ich den Handwerkertermin um 7:30 Uhr verschlafen habe, habe mir panisch was übergezogen und bin zur Haustür gerannt.
Und war sehr überrascht, daß es dort kalt, dunkel und menschenleer war. Ein Blick auf die Uhr: 4:18 Uhr.
Um 7:30 kam dann übrigens keiner.
Ich freu mich auf das lange Wochenende.
Ich hab lange versucht, mir mein Leben so einzurichten, daß ich möglichst wenig störe und andere Leute mich möglichst in Frieden lassen. Daß ich weiterhin möglichst Aufgaben habe, die ich gut kann, und dafür die Finger von Sachen lasse, in denen ich eine Flasche bin.
Inzwischen glaube ich verstanden zu haben, daß die Nische, in der ich damit lande, zu klein für mich ist, und vor allem, daß man so nichts lernt (das deckt sich mit meiner Bilanz der Jahre von ca. 1999-2005).
Also bin ich voller guter Vorsätze, mich Herausforderungen zu stellen und so.
Aber bei unseren momentanen mittelgroßen Renovierungsarbeiten die Handwerker zu koordinieren, sie überhaupt alle zusammenzukriegen, mich gegen sie durchzusetzen, dann abends heimzukommen und alles ist anders als besprochen, dann wieder anzurufen und zu sagen, daß das so nicht geht etc. etc. etc. etc., das ist für ein harmoniebedürftiges schüchternes Seelchen (...) wie meins grade echt eine große Herausforderung. Ich finde, ich schlage mich tapfer und lerne in der Tat dazu, aber nach jedem Telefonat brauche ich eine halbe Stunde, in der ich ziellos im Kreis renne (oder blogge...) und das Adrenalin abbaue, eh ich wieder konzentriert arbeiten kann.
Sonntag abend: Mit MannTM und Eltern auf dem Heimweg vom Afrikaner (mmh!), nach einem Mangobierchen und mit vollem Bauch. Ich bin schon durch die halbe Stadt gefahren, als mir das Polizeiauto auffällt, das hinter mir fährt und lichthupt. Kopfschüttelnd weitergefahren, fröhliche Gespräche im Auto.
Die komische Polizei bleibt penetrant dran (ich wundere mich, fühle mich aber nicht persönlich angesprochen), irgendwann schalten sie Blaulicht an, eine Anzeige "Stopp, Polizei!" erscheint in einem Display.
Das war dann der Moment, wo mir aufgefallen ist, daß ich das Licht aus hab.
Rechts rangefahren, entschuldigt, Papiere gezeigt, Moralpredigt angehört und dann gnädigerweise einfach wieder weiterfahren dürfen. Das war ja nochmal knapp.
Da hab ich doch gerade die tiefgeforenen Calamari in den Ofen geschoben und bin am Salatschnipfeln, als mir auffällt, daß wir kein Brot haben. Gar keins.
Nun ist Essen (und insbesondere Salat) für den italienischen MannTM ohne Brot ein Jammertal, also was tun?
In vager Erinnerung an ein Scones-Rezept etwas zusammengemischt aus Mehl (dazu ein bißchen Haferkleie und Buchweizenmehl, um Graubrot zu simulieren), Salz, Backpulver, einem Schuß Olivenöl und Milch, geknetet, flache kleine Brötchen geformt, kreuzweise eingeschnitten mit ein bißchen Rosmarin bestreut und zu den Calamari in den Ofen. Nach einer Viertelstunde war beides fertig.
Sahen richtig toll aus und waren sehr lecker; natürlich kein Ersatz für ein tolles Sauerteigbrot, sondern ein bißchen bröselig, aber doch sehr erfolgreich improvisiert...