Mittwoch, 4. Januar 2012

Werkstattgrübeleien

Im Moment habe ich ja Urlaub,
Das heißt, meine Werkstatt ist offiziell geschlossen, und zwar habe ich mir eine richtig lange Pause gegönnt, drei Wochen. Erstens hatte ich 2011 sonst nie länger als zwei Tage zu, und zweitens ist das gefühlte Gemaule der Kunden nicht proportional zur Dauer meiner Abwesenheit, sondern eher konstant; länger "lohnt" sich also.

Der Mann hat aber nur wenige Tage freigekriegt, und den Rest der Zeit war ich durchaus viel in der Werkstatt: Es gibt irrsinnig viel zu machen, was seit Monaten liegenbleibt, und irgendwann ist auch mal ein bißchen Inventur und Umordnung dran.

Jedenfalls fällt mir auf, wie gerne ich meine Arbeit mag.
Das ist nicht wirklich überraschend; schließlich hab ich nach dem Diplom alle die tollen Karrierewege, die meine Kommilitonen gegangen sind und in denen sie jetzt durchaus entspannt und zufrieden das drei- bis vierfache verdienen, entschieden verschmäht und stattdessen diese winzige Werkstatt übernommen, eben weil das eine Tätigkeit ist, die ich aktiv gerne mache, viele Stunden am Tag, im Gegensatz zu zB Versicherungsmathematik...

Außerdem habe ich die finanzielle Sicherheit (und die Rente...) eingetauscht gegen Selbstbestimmung und freie Einteilung meines Arbeitstages, die Möglichkeit, meine Arbeitsbedingungen genau so zu gestalten, wie ich sie will, und niemandem verantwortlich zu sein als mir selber und der Qualität meiner Arbeit.

Schade, daß das nicht klappt.

Der Teil, der deutlich besser funktioniert als ich dachte, ist der organisatorische. Davor hatte ich etwas Angst: Material zu bestellen, die paar Maschinen zu warten, die Steuer, die Bürokratie, die Betriebswirtschaft... das habe ich alles in der Ausbildung nicht gelernt, aber es hat sich problemlos meistern lassen.

Was mich fertigmacht, ist die Existenz von Kunden.

Und dazu muß man sagen, daß meine Kunden im Gegensatz zu dem, was man so im Einzelhandel zu sehen kriegt, eine extreme Positivauswahl darstellen; es handelt sich überwiegend um höfliche, freundliche und überdurchschnittlich gebildete Menschen, die darüberhinaus entzückt von mir oder meiner Arbeit sind und mich mit Geschenken, Lob und Trinkgeld überhäufen. Echt jetzt.

Das macht es aber (zumindest mir) noch viel schwerer, sie zu enttäuschen, als mir das eh schon bei allen Menschen fällt.
Und ihnen also sagen zu müssen, daß etwas länger geht oder teurer wird, als sie gedacht haben. Oder gar nicht geht. Oder ich es nicht machen will. Oder dieses Material sich für mich nicht zu bestellen lohnt.
Oder auch, mich nicht mit vollem Perfektionismus in jeden 3-Euro-Auftrag zu stürzen. Auch wenn das ein bißchen besser geworden ist, seit ich genauer merke, was sie begeistert und was nicht und mich danach richten kann.

Und im Ergebnis bin ich dann ständig nur gehetzt, schlecht bezahlt, mache Sachen, die ich nicht mag oder nicht besonders gut kann, und fange an, meine Arbeit und meine Kunden zu verfluchen, aber im Endeffekt gibt es genau eine Person, die das ganze Theater gebaut hat und es also auch wieder abbauen kann...

Und weil ich jetzt, in diesen zwei Wochen, in denen ich niemanden reinlassen muß und niemand mir was sagen kann, mal wieder gemerkt habe, wie schön meine Arbeit eigentlich ist, nehm ich mir ganz, ganz fest vor, für dieses "Geschäftsjahr" und alle folgenden:
In MEINEM Laden passiert das, was ICH will. Und wem das nicht paßt, der kann gehen. Und wer trotzdem nicht geht (mangels Alternative in der Region... hehe...), dessen enttäuschtes Gesicht bei meinen Antworten oder theatralisches Aufseufzen beim Bezahlen werde ich einfach AUSHALTEN müssen, so wie es jeder Automechaniker und jeder Klempner aushält.
Dann könnte das Ganze, für das ich, wie gesagt, als Selbständige durchaus einen Preis bezahle in Geld, Zeit und Sicherheit, vielleicht tatsächlich diese wunderbare Situation und Arbeit sein, um die mich so viele Leute so wortreich beneiden.

Und wenn ich auf die Weise auch mein Einkommen in eine Höhe bringen kann, die mein persönliches Existenzminimum überschreitet, dann hilft das vielleicht dem Mann auch, sich durchzuringen, im Sommer endlich seinen widerlichen Job zu kündigen und sich von einem plattgewalzten ausgewrungenen Handtuch wieder in den Mann zu verwandeln, den ich mir damals ausgesucht hatte.
Aber das, liebe Kinder, ist eine andere Geschichte.

Samstag, 31. Dezember 2011

Mitte März - oder: Lerne zu denken, bevor du redest

Ich hab zwei Tage Abstand gebraucht, aber jetzt kann ich das aufschreiben, ohne ununterbrochen mit dem Kopf gegen die Wand schlagen zu wollen.
Ein Schwank aus meinem Leben, vorgestern:

Ich ärgere mich öfter drüber, daß ich lieber selber einen großen Aufwand in Kauf nehme oder auch lüge oder mich sonstwie verbiege, um irgendwelchen Leuten (oft: Kunden) die Erkenntnis zu ersparen, daß sie sich irren oder absurden Vorstellungen hingegeben haben. Aber diesmal hab ich dem Ganzen irgendwie die Krone aufgesetzt.

Im Moment bin ich ja im Urlaub, also keine Kunden, dafür war ich selber ausgiebig Einkaufen für eine Pastete nach einem Rezept meiner Großmutter, das ich ausprobieren will.
Einer der Fachverkäufer im Supermarkt unseres Vertrauens hat irgendwie besonders engagiert mit mir Konversation gemacht, offensichtlich sehr fröhlich und freundlich, aber ohne, daß ich anfangs viel verstanden habe, weil ich in Gedanken bei der Pastete war und er ziemlich badisch sprach. Weil er aber offensichtlich nett sein wollte, hab ich gelächelt und genickt, und irgendwas Zustimmendes gemurmelt. Irgendwann beim dritten oder vierten Satz wurde mir klar, daß wir uns weder übers Wetter, noch über mein Kochprojekt (mit dessen Rezept ich rumgewedelt habe), sondern offensichtlich über meine Schwangerschaft unterhalten.
WTF?

Na gut, das kann passieren; ich bin (wie schon mehrfach erwähnt) nicht schlank und hatte den kompletten Inhalt einer Damenhandtasche stolz in den Bauchtaschen meines dicken Pullovers. Ich habe mit dieser Assoziation eigentlich kein großes Problem. Und hätte also einfach fröhlich lachen und das Mißverständnis aufklären können.
Aber was macht mein krankes Unterbewußtsein?
Es stellte sich spontan vor, wie dramatisch es für diesen jungen, gestylten, also offensichtlich mainstream-Schönheits- und Service-Idealen anhängenden Fachverkäufer sein muß, eine Kundin für "so fett daß schwanger" gehalten und ihr das ins Gesicht gesagt zu haben, daß mir offensichtlich spontan nichts besseres einfiel, als ihn vor dieser Schmach zu bewahren, indem ich auf seine Frage, wann es denn soweit sei, Februar? nichts zu antworten wußte als "Nein, etwas später..." - wohl um unterbewußt irgendwie Zeit zu gewinnen. Dann fiel mir aber auch noch ein, daß man das als werdende Mutter ja unglaublich aufregend finden und allen Leuten damit auf die Nerven gehen muß und ich fügte konkretisierend und strahlend hinzu: "Mitte März."
Das alles in Sekundenbruchteilen.

Während mein Verstand dann inzwischen auch schon angekommen war und schreiend an seinen Gitterstäben rüttelte, hat mir der freundliche junge Mann alles Gute gewünscht und ich habe ihm gedankt und bin geflohen.
Und frage mich jetzt, wo ich die nächsten drei Jahre einkaufe. Das ist eine Kleinstadt.

Wie bescheuert kann man eigentlich sein?

Samstag, 24. Dezember 2011

In diesem Sinne:

Warnschild -Danger: Angels dropping-

Schöne Feiertage und so.

Montag, 19. Dezember 2011

Keine gute Idee:

Sich als haariges Monster "verkleiden" (Dreadlocks über den Kopf ins Gesicht fallen lassen, Schwimmbrille da drüberziehn -> sieht sehr dekorativ aus, wie eine Art Yeti) und dann mit krallenartig erhobenen Händen auf den Mann zuschleichen, der gerade in irgendeinem Dungeon irgendwelche Untoten jagt, um ihn zu erschrecken.
Dabei wegen der schlechten Sicht über den eigenen Schreibtischstuhl stolpern und den Mann viel effizienter dadurch erschrecken, daß man zusammen mit dem Stuhl zu Boden geht.
Don't try this at home.

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Anekdote

Als wir letzen Sonntag den Siebzigsten meines Vaters gefeiert haben, waren auch Menschen auf dem Fest, die ich seit meiner Kindheit nicht mehr gesehen habe. Meine Kindheit war spannend, und unter bestimmten Gesichtspunkten ein wenig ...eigen (worauf ich nicht näher eingehen will), und so kam das Gespräch mehrfach darauf, wie ich sie denn selber wahrgenommen habe und aus heutiger Perspektive sehe.
Seither kommen ständig neue Erinnerungen hoch, zum Teil auch erstmalig.

Mir fiel gestern zB eine winzigkleine Anekdote ein, über die ich wirklich lachen mußte, weil ich diese Erinnerung noch nie mit "Erwachsenenaugen" gesehen habe.

Aus der Kindheit eines Menschen, der in einer unter anderem atheistischen und tendenziell feministischen Familie aufgewachsen ist:

Das sollte so Ende Grundschule gewesen sein, als ich auf dem Jahrmarkt mit einem kleinen, seltsamen Geisterbahn-Karusselldings gefahren bin, das einerseits unglaublich unprofessionell gemacht war (schlechte Pappmaché-Gruselgestalten) und andererseits aber von der Fahrt her irgendwelche Dreh-Illusionen geschaffen hat, die dafür gesorgt haben, daß mir hinterher übelst schlecht war. Jedenfalls kein Spaß.

Also war ich ziemlich empört, als ich beim Rauskommen sah, daß daran ein Schild hing
"Wer bei dieser Fahrt nicht lacht, den hat der Herr umsonst gemacht."
Erstens war ich natürlich empört, weil ich fand, daß es bei diesem Schrott nichts zu lachen gab, aber der größte Teil meiner Empörung war der Tatsache geschuldet, daß dort nur "der Herr" erwähnt wird. Da er mich gemacht haben sollte, war für mich völlig klar, daß damit nur mein Vater gemeint sein kann, wer denn sonst, und es schien mir aus feministischer Sicht eine große Gemeinheit, daß meine Mutter, die mich doch mindestens so sehr gemacht hat, nicht erwähnt wird; wahrscheinlich wieder nur, weil sie eine Frau ist.
Klar, oder?

Und dann wunder ich mich, daß ich bis heute diese komische Welt nicht versteh...

Dienstag, 13. Dezember 2011

Alle Jahre wieder...

... nehme ich mir vor, dieses Jahr NICHT in den letzten Tagen vor Weihnachten bis abends um zehn in der Werkstatt zu stehen und unter wachsenden (vor allem psychischem) Druck irgendwie zu versuchen, noch alles fertig zu bekommen.

Dieses Jahr habe ich im Oktober angefangen, keine Neukunden mehr anzunehmen, bzw. annehmen zu wollen, aber ich kann einfach zu schlecht Nein sagen. Im Moment halte ich zwei Iterationen durch, also
"Hallo ich bräuchte..."
"Sorry, das wird dieses Jahr nichts mehr" "
"Aber ..."
"Es tut mir leid, es geht wirklich nicht"
"Aber ..."
"Na gut."

Was mich daran am meisten ärgert, ist die Inkonsequenz und Weicheiigkeit, und die Ungerechtigkeit, die daraus entsteht, daß dann die nervigen Quälgeister gewinnen und die Rücksichtsvolleren sich abwimmeln lassen.. Und daß ichs dieses Jahr wieder nicht schaffe, anders als total platt und mit einem schlechten Gewissen wegen all der nicht geschafften Sachen im neuen Jahr anzukommen.

Andererseits muß man sagen, daß ich ja auch das erste Nein und die erste Iteration überhaupt erst seit kurzem hinkriege, also könnte ich im Lauf des nächsten Jahres noch eine oder zwei dazu üben.

Dann schaffen es wirklich nur die richtig insitenten Armleuchter.
Hm.
Toll.
Vielleicht krieg ich es ja auch hin, mir tatsächlich das Recht zuzugestehen, in meinem verdammten Laden zu entscheiden, was passiert und mich nicht nur von jedem dahergelaufenen Kunden vor sich her treiben zu lassen? Insbesondere, wo ich soviel zu tun habe, daß ich auf keinen einzelnen Auftrag angewiesen bin, im Gegenteil?
Und dann könnte ich auch noch sinnvoll Geld dafür nehmen. Aber eins nach dem andern.

Es muß gehn, andere tun es doch auch.

Mittwoch, 7. Dezember 2011

And now to something completely different...

Sorry, daß es hier im Moment so dünn ist.
Die Kombination aus vorweihnachtlichem Chaos und persönlicher Winterträgheit führt dazu, daß ich im Moment überhaupt nichts gebacken kriege.

Ich überbrücke mit einem kleinen Statusupdate-Sammelsurium:

1) Ich erhole mich langsam von dem unerfreulichen Volksabstimmungsergebnis. Für mich beendet das ein knappes Jahr, in dem ich mich irrtümlich in einer gewissen Art von Mainstream wohlgefühlt habe, das bisher einzige Mal, an das ich mich erinnern kann. (Naja, vielleicht seit den Friedensbewegungszeiten Anfang der Achziger, an die ich mich aber aus einer Augenhöhe von etwa einem Meter erinnere, das gilt nicht. )
Das war ungewohnt, aber schön. Und ein bißchen schmerzhaft im Abgang.
Aber gut, machen wir wieder die bekloppte nervige Minderheit, da hab ich auch mehr Übung drin, und es ändert ja nichts an den Fakten.

2) Ich mußte mir einen neuen mp3-Player jagen, weil alle vorhandenen irgendwelche Wackelkontakte haben und ich schon, überbrückend, auf den Unterwasserplayer ausweichen mußte, den ich aber schonen will, damit er nicht, wenn ich dann mal schwimmen gehe, auch einen Wackelkontakt hat.
Und ich habe einen gefunden,den Sansa Clip plus; voll toll, klein, leicht, bezahlbar (bei e*** gebraucht MIT Garantie *freu*), mit Bookmarks (für Hörbücher lebenswichtig), Sleepfunktion, Radio, internem Speicher UND Kartenslot und lauter weiteren kleinen Schlauigkeiten.
Nur leider war er so leise, daß ich schon neben mäßig befahrenen Straßen meine Hörbücher nicht mehr verstanden habe.
Ich wollte ihn schon zurückschicken, da hat mir das Internet verraten, daß das eine EU-spezifische Gehörschutzregelung ist, und daß er super funktioniert, wenn man ihm sagt, er befände sich in den USA oder im Rest der Welt.
Na, das ist doch mal bürgerfreundliche Gesetzgebung, technisch intelligent umgesetzt.
Mir fehlen die Worte.
Aber vielleicht hört Ihr sie auch nur nicht, und das ist sicher besser so, für den Schutz Eures Gehörs....

3) Mein Fahrrad ist aus der Reparatur zurück. Rechtzeitig zum Beginn der Regenzeit. Trotzdem SO viel schöner, als mit übelgelaunten Menschen in einem Bus zu sitzen.

4) Der geliebten Schwester verdanke ich die Erkenntnis, daß Obst aus "blödem gesundem Pflanzenkram" in "leckere Süßigkeit" verwandelt werden kann, indem man es püriert. (Bisher dachte ich, man muß es durch Schokolade ersetzen, oder zumindest hineintunken. Oder vielleicht kandieren oder frittieren.)
Es heißt dann Smoothie, ist nicht wiederzuerkennen und mein regelmäßiger Freund zum Frühstück geworden. Wer mich kennt (ich frühstücke eigentlich nicht freiwillig und esse nicht freiwillig Obst), wird die Tragweite dieser Aussage ermessen können.

...
Hilfe.
...
Die Winterträgheit bemächtigt sich schon wieder meines Gehirns und meiner Finger...
Ich... muß ... schlafen..........
............chrrr.....

Dazugekommen

Huch, eigentlich gibt...
Huch, eigentlich gibt es das Blog doch schon gar nicht...
madove - 27. Jun, 16:07
Ein Lebenszeichen! Wie...
Ein Lebenszeichen! Wie schön!
Conradin - 25. Jun, 21:58
Hach, Gesprächsfetzen....
Hach, Gesprächsfetzen. <3 Mein Radio.
rebekka (Gast) - 2. Sep, 20:43
Echt?
Mal testen. Hm.
David (Gast) - 27. Mai, 17:24
yeeeeey
ich bin gerade so strahlefroh!! geil, dass das ein...
tonja (Gast) - 8. Mär, 15:46
Das ist ja schon witzig......
Das ist ja schon witzig... Du hast wirklich sehr sehr...
madove - 19. Jan, 22:00

Über mich

"Ma dove?" ist italienisch und heißt "Aber wo?".
Der "Name" ist eigentlich zufällig an mir hängenge-blieben, paßt aber bestechend:
Ich suche.
Den Sinn des Lebens, meinen Platz in der Welt, meinen eigenen Stil, und eigentlich ständig meinen Schlüsselbund. Bislang mit mäßigem Erfolg, aber unverdrossen.
Um herauszufinden, was ich denke, lese ich gerne hier nach. Dafür muß ich es aber erst schreiben.
Daher das blog.


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